Was ist eigentlich Customer Experience? Warum der ganz Hype? Wieder einer der vielen Trends, die gerade en vogue sind und die dann wieder in der Versenkung verschwinden? Mit vielen englischsprachigen Begriffen ist immer auch ein wenig die Gefahr von Missverständnissen oder unterschiedlichen Interpretationen verbunden.
Customer Experience ist die Summe aller Erfahrungen, die ein Kunde mit einem Unternehmen macht. Sie umfasst die subjektive Bewertung der Erlebnisse des Kunden an den verschiedenen Kontaktpunkten (Touchpoints) während einer Customer Journey.
Die Customer Experience Management Strategie versucht, diese Kundenerlebnisse entlang der Customer Journey im Sinne positiver Erfahrungen zu beeinflussen. Letztendlich geht es darum, die Verbindung zwischen der Unternehmensstrategie und dem Customer Experience Management zu schaffen.
Vereinfacht gesprochen ist es die Aufgabe einer CX-Strategie, höhere Preise für Produkte und Dienstleistungen im Markt durchzusetzen; und dies auf Basis exzellenter Beziehungen und Erlebnisse.
Dazu gehört, dass jeder Mitarbeiter im Unternehmen weiß,
- was genau der Kunde denn beim Unternehmen erleben soll,
- was genau den höheren Preis (und noch viel mehr) rechtfertigt und
- dass er das bei der Konkurrenz nicht erleben kann.
- und dass er das dann auch erfolgreich umsetzen kann.
Der CEX Trendradar: Orientierungshilfe für Entscheider
Nun ist es bekanntlich von der Erkenntnis und dem Verständnis für Customer Experience Management zur Umsetzung noch ein langer Weg. Was unter anderem damit zusammenhängt, dass es eine Fülle von Begriffen, Methoden, Konzepten und Technologien gibt, die allesamt um die Aufmerksamkeit der Entscheider buhlen und oft mehr zur Verwirrung denn zur Orientierung beitragen. Aus diesem Grund haben Prof. Nils Hafner von der Hochschule Luzern und Harald Henn, Marketing Resultant, den CEX Trendradar entwickelt.
Der CEX-Trendradar bietet eine Übersicht für alle relevanten Entwicklungen. Er ist also eine schnell erfassbare Informationsquelle für Entscheider. Der Trendradar basiert auf Interviews mit internationalen Technologie-, CX- und Finanz-Experten, Forschern an Hochschulen und Zukunftsinstituten, öffentlichen Studien und vor allem auch eigenen Projekterfahrungen. Aus der Vielzahl von Trends wurden die wichtigsten Technologien und Instrumente nach ihrer aktuellen Relevanz für das Customer Experience Management priorisiert.
Der CEX Trendradar ist eine Trendbeobachtung basierend auf einem soliden Reifegradmodell. Zusätzlich zur Einordnung der einzelnen Themen wird für jeden Trend der Reifegrad innerhalb jeder Dimension geschätzt. Dabei werden fünf Reifegrade und damit Phasen der Marktdurchsetzung unterschieden:
- Vision: Dieser Trend hat es auf den Radar geschafft. Sie sollten ihn im Auge behalten und verfolgen. Aktuell sind die Auswirkungen auf Customer Experience Management jedoch noch nicht ausreichend erkennbar.
- Prototyp: Erste Implementierungen dieses Trends sind zu verzeichnen und werden von Unternehmen umgesetzt. In diesem Umfeld spielen sich zur Zeit Anwendung des Customer Journey Mappings ab,
- Akzeptanz: Dieser Trend hat sich im Markt bei den im CX Management führenden Unternehmen durchgesetzt. Noch bestehen aber breitflächig Einführungs-Hürden – oft fehlen Know-how oder Ressourcen. In diesem Zusammenhang ist der wichtigste Trend der letzten Jahre zu nennen, die Marketing Automation.
- Standard: International hat sich dieser Trend durchgesetzt. Es liegt reife Technologie sowie breitflächiges Wissen um die Implementation und die Nutzung vor. Empfehlung: Nutzen Sie die Vorteile dieser Technologie optimal aus.
- Commodity: Über diesen Trend wird nicht mehr aktiv gesprochen. Die jeweilige Technologie, die Technik des Prozessmanagements oder die Steuerung der Mitarbeiter werden von den meisten Unternehmen eingesetzt. Die Vorgehensweisen gehören zu den Grundlagen des CX Managements. Das Unternehmen, welches diese Grundlagen nicht besitzt bzw. kompetent lebt, erleidet im Wettbewerb Nachteile.
So nutzen Sie den CEX Trendradar:
Jeder Trend ist nummeriert und einem der drei Bereiche People, Process oder Technology zugeordnet. Die Positionierung des Balkens zeigt an, über welche Reifegrade sich der Trend aktuell erstreckt. In der Abbildung sieht man zum Beispiel „CX Management Cockpit“ in den Reifegraden Vision, Prototyp und Akzeptanz. Der Kreis mit der Ziffer ist eine Art Schieberegler. Er ist dort positioniert, wo sich der Mehrheit der Unternehmen aktuell befindet. Da der Trendreport für unterschiedliche Branchen angefertigt wird, kann sich dieser Regler für unterschiedliche Branchen an unterschiedlichen Stellen befinden.
Customer Experience Management ganz konkret am Beispiel: Customer Journey Management
Lassen Sie uns Customer Experience Management ganz konkret an dem Thema Customer Journey Management und Customer Journey Mapping ausgestalten. Beginnen wir zunächst mit einer Definition. Wie bei vielen anderen Begriffen rund um das Thema Customer Experience, sehen wir in diversen Veröffentlichungen ganz unterschiedliche Definitionen und Interpretationen. Nach unserem Verständnis ist Customer Journey Management:
Das Verstehen, Analysieren, Gestalten, Managen und Optimieren von persona-spezifischen, End-to-End Customer Journeys über alle Medien und Abteilungsgrenzen hinweg.
Customer Journey Mapping ist dabei die Visualisierung von Customer Journeys (Ist- als auch Soll Customer Journeys) aus dem Blickwinkel und der Beurteilung des Kunden (Persona-spezifisch) heraus. Häufig werden in diesem Zusammenhang User Experience und Customer Experience synonym verwandt. Customer Experience ist nach unserem Verständnis das gesamthafte Erlebnis der Kundenreise. Die User Experience ist das Erlebnis an einem einzelnen Touchpoint. Für eine erfolgreiche Differenzierung im Markt ist die Customer Journey und nicht der einzelne Touchpoint relevant.
Die Anzahl der Touchpoints, Kanäle, die Kunden für ein Anliegen nutzen, wächst. Website, App, Bewertungsforum, Anruf, E-Mail werden opportunistisch je nach Verfügbarkeit und Zweckmäßigkeit eingesetzt. Dieses „Channel-Hopping“ der Kunden erfordert eine Orchestrierung der Kundeninteraktionen – eine Customer Journey Orchestrierung – denn häufig laufen die Kontakte über die einzelnen Kanäle im Unternehmen unkoordiniert auf. Verschiedene Zuständigkeiten, schlechte und mangelhafte Dokumentation und Speicherung der Kontaktergebnisse führen zu inkonsistenten Aussagen, Irritationen auf Kundenseite. Vertrieb, Marketing und Kundenservice werden als Abteilungen mit unterschiedlichen Zielen im Unternehmen gesteuert. Eine gesamthafte Prozessverantwortung für Customer Journeys – end to end – über alle Abteilungsgrenzen hinweg mit Marketing und Vertrieb als internem Zulieferer und Dienstleister ist bislang extrem selten in den Unternehmen vorzufinden. Inklusive der damit verbundenen Steuerungsinstrumente, Kennziffern und Entlohnungssysteme.
Dies bedeutet einen Paradigmenwechsel in der Organisations-Struktur, der sich nur sehr langsam vollziehen wird. In der Praxis beobachten wir das Optimieren von Bruchstücken, fragmentierten Abschnitten, einer Customer Journey im Zuständigkeitsbereich einer Abteilung. Neukundengewinnung im Online Handel oder das Onboarding – neudeutsch für die Begleitung eines Neu-Kunden in der ersten Phase der Kundenbeziehung – sind zwei typische Beispiele.
Customer Journey Mapping: Worauf es ankommt
Customer Journey Mapping ist dann erfolgreich und perfekt, wenn man das Ergebnis ohne Probleme mit seinen Kunden teilen und darüber sprechen kann. Oder anders ausgedrückt: Customer Journey Mapping dient weniger der internen Optimierung von Prozessen im althergebrachten Sinn, sondern der Optimierung der Erfahrung aus Kundensicht.
Intern dient das Customer Journey Mapping dazu, allen Beteiligten in involvierten Abteilungen auf einfache, selbsterklärende Art und Weise zu zeigen, welche Aktivitäten und Schritte unternommen werden müssen, um die Kundenreise zu optimieren.
Standards im Customer Journey Mapping gibt es dabei nicht. Jedes Unternehmen kann und muss selbst entscheiden, wie es seine Visualisierung aufbaut und gestaltet. Eher sehr detailliert oder nur rudimentär. Die „Kosmetik“ ist nicht entscheidend. Bei der inhaltlichen Gestaltung gibt es jedoch Zutaten, die eine gute Customer Journey Map beinhalten sollte.
Was zeichnet ein gutes Customer Journey Mapping im Customer Service aus?
Nachfolgend eine Empfehlung der Themen und Punkte, die ein Customer Journey Mapping im Customer Service enthalten sollte:
- Stakeholder Landkarte. Wer arbeitet direkt oder indirekt mit den Kunden zusammen? Alle Stakeholder zu erfassen, hilft, die Komplexität der Leistungserstellung besser zu verstehen.
- Personas. Personas sind dabei fiktive Personen, die als Vertreter der Zielgruppen fungieren. Personas sind ein guter Ansatz, um sich besser in die Situation der Kunden hinein zu versetzen.
- Ergebnis. Welches Ergebnis erwartet der Kunde konkret? Was will er erreichen? Je konkreter das erwartete Ergebnis bekannt und beschrieben ist, desto spezifischer kann an den einzelnen Touchpoints optimiert werden.
- Customer Journey. Customer Journey Mapping im Customer Service bedeutet die Auflistung jedes einzelnen Schrittes des Kunden. Die Abfolge der Schritte kann dabei von Persona zu Persona sehr unterschiedlich sein.
- Touchpoints. Als Touchpoints ist der konkrete, spezifische Kontaktpunkt mit dem Unternehmen zu verstehen. Zum Beispiel ein bestimmtes Formular auf einer Website.
- Moment der Wahrheit. Wo an welchen Kontaktpunkten über welchen Kanal erlebt der Kunde Lust oder Frust?
- Verantwortlichkeit/Systeme. Zu jedem Touchpoint notiert man den/die Verantwortlichen, die für das Kundenerlebnis, die Erbringung einer Leistung verantwortlich sind.
- Emotionale Fieberkurve entlang der Customer Journey. Hier geht es ausschließlich um das emotionale Empfinden an einem Kontaktpunkt aus Kundensicht.
- Optimierungspotential. Oft entdecken die Teilnehmer während der Visualisierung der Ist-Reise bereits Ansätze für die Optimierung.
Customer Journey Mapping: Ausgangspunkt für die Optimierung der Customer Experience Management Strategie
Aus den Customer Journey Mappings ergeben sich erfahrungsgemäß eine Fülle von Ansätzen für die Optimierung. In der Verbindung mit der Unternehmensstrategie können die Anregungen aus dem Customer Journey Mapping Workshop dann in konkrete Zielmaßnahmen umgesetzt werden. So entsteht ein verbindlicher Handlungsrahmen für ein wirksames Customer Experience Management, welches sich an den Kundenerwartungen ausrichtet.