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Im SAP-Multiversum: So halten Sie Ihre S/4HANA-Migration auf Kurs

2027 endet der Support für ERP/ECC 6 x, spätestens dann müssen Unternehmen, sofern sie keinen kompletten Systemwechsel zu anderen ERP-Vendoren planen, auf S/4HANA migriert haben.

Ein solcher Change ist nicht trivial und insbesondere aufgrund der verschiedenen Lizensierungsmodelle im SAP-Multiversum gilt es, einiges zu beachten. In diesem Blog gehe ich auf ein paar „Pain Points“ unserer Kunden ein und gebe Tipps, wie die Migration schmerzfreier gestaltet werden kann.

Auf der Suche nach dem Business Case

Die meisten SAP ECC (R/3) -Kunden haben jahrelang an der Feinabstimmung ihrer ERP-Systeme gearbeitet, um hocheffiziente „Systems of Records“ aufzubauen.

Daher tun sich viele Unternehmen aktuell noch etwas schwer, einen akzeptablen Business Case für ein Upgrade von SAP ECC auf SAP S/4HANA zu erstellen, wenn nicht ganz klar ist, ob der geschäftliche Nutzen im Einklang mit den erwartbaren Kosten steht.

Der ‚Business Case S/4HANA‘ erfordert eben deutlich mehr als nur eine Veränderung der Technologie, wie ein simples Software-Upgrade oder eine Cloud-Migration.

  • Um das Beste aus S/4HANA herauszuholen, müssen Prozesse umgestellt werden.
  • Es sind neue, teurere Lizenzen zu kaufen, ohne dass sich möglicherweise alte Investitionen schon amortisiert haben.
  • SAP-Software bleibt kostspielig - trotz möglicher hoher Rabatte bei Vertragsverhandlungen
  • Das Lizenzmodell hat sich komplett geändert und muss erst einmal verstanden werden.
  • Es fehlen schlicht SAP-Fachkräfte und spezifisches Know-How.
  • Kernfunktionen, die ECC früher abgedeckt hat, werden nun durch neue Add-ons abgelöst (Ariba, SuccessFactors, Concur, Hybris, uvm…).
  • Es gilt, unterschiedliche SAP-Landschaften (SAP-Multiversum) zu vermessen und den Überblick zu behalten.

Allerdings zeigen jüngste Umfragen unter SAP-Kunden, dass das Vertrauen in die Verlagerung von Geschäftsprozessen in die Cloud wächst, nicht zuletzt aufgrund der erweiterten Funktionalitäten, der neuen Technologie und dem Reifegrad von S/4HANA als modernem "Digital Core". Also alles halb so wild?

Teilweise. Auf die Frage der DSAG bzw. ASUG, welche SAP ERP-Lösung die Unternehmen in DACH aktuell im Einsatz haben, sagten 75% aus, sie nutzen SAP ERP bzw. die SAP Business Suite, 24% sind auf S/4HANA umgestiegen.

Dabei spielt S/4HANA Cloud, insbesondere im deutschsprachigen Raum, eine vergleichsweise kleine Rolle: Nur 6% der Befragten setzen S/4HANA als Private-Cloud-Lösung ein, und 2% als Public-Cloud-Lösung.

SAP S/HANA implementation plans

Quelle: ASUG 2021
Abb.: ASUG-Umfrage zu SAP S/4HANA-Implementierungsplänen


S/4HANA-Migration: Navigieren durch das SAP®-Multiversum

 

Navigieren durch das SAP-Multiversum - Wie Sie Ihre S/4HANA-Migration auf Kurs halten

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Greenfield oder Brownfield - welches Lizenzmodell ist für mich das richtige?

Viele SAP-Kunden fragen sich zurecht, was aus den teuren, und unter Wartung stehenden ECC-Lizenzen wird. In Walldorf vertritt man den Standpunkt, dass es sich bei S/4HANA um eine komplett neue Software handelt, die neu zu lizenzieren sei.

Die gute Nachricht ist, dass SAP seinen Kunden eine Wahl gegeben hat: Denn prinzipiell können SAP-Kunden entweder den aktuellen Lizenzvertrag weitestgehend beibehalten, wie er unter SAP ECC vorliegt (Product Conversion/Brownfield), oder sie können eine Neuimplementierung im Rahmen eines neuen Lizenzvertrags durchführen (Contract Conversion/Greenfield).
Mit Product Conversion hat man die Möglichkeit, zu überschaubaren Kosten S/4-Produkte zu nutzen. Für eine verhältnismäßig geringe Gebühr von € 9.000 (Flat Fee) dürfen SAP-Bestandskunden alle bisher erworbenen Nutzungsrechte in die S/4HANA-Welt übernehmen. Lediglich SAP Engines müssen zusätzlich erworben werden, wie z.B. LoB (Lines of Business) und Industry Solutions.

Kunden verschaffen sich so die nötige Zeit, vernünftig mit SAP zu verhandeln, unter welchen Bedingungen später eine Contract Conversion akzeptabel wäre. Doch Vorsicht: Die Software-Lösungen aus der SAP ECC-Welt können maximal bis zum 31.12.2025 unter SAP S/4HANA weitergenutzt werden.

Bei der Contract Conversion wird zunächst ermittelt, wieviel der Kunde für seine SAP-Software ausgegeben hat, die aktuell noch unter Wartung ist. Dieser Betrag wird unter Berücksichtigung aller Rabatte für den Neukauf der Produkte aus der S/4HANA-Preisliste angerechnet.

Bei dieser Anrechnung werden auch diejenigen Produkte berücksichtigt, die nicht oder nur noch in geringem Umfang genutzt werden. Es ist also eine gute Gelegenheit, sich von „Ladenhütern“ (Shelfware) zu trennen. Das funktioniert aber nur, wenn zusätzliche SAP-Software gekauft wird. Der angerechnete Betrag darf maximal 90% der neuen Kaufsumme ausmachen.

Es gibt hier keinen Königsweg, allerdings werden durch Product Conversion teilweise „Altlasten“ bei der Lizenzierung übernommen. Bei Contract Conversion lizenzieren Sie nur die Produkte, die Sie brauchen und die tatsächlich im Einsatz sind. Lassen Sie sich unbedingt vorrechnen, welche Kostenunterschiede es gibt, und welche Produkte abgedeckt sind!

Simulation der Lizenzkosten bezogen auf die neuen Nutzertypen bei S/4HANA – USU Optimization for SAP® Software

Quelle: USU
Abb.: Simulation der Lizenzkosten bezogen auf die neuen Nutzertypen bei S/4HANA – USU Optimization for SAP® Software

Auch bei der Planung zukünftiger SAP-Investitionen spielt es eine Rolle, ob Contract Conversion oder Product Conversion besser geeignet sind. Bei der Planung sollten Sie also nicht nur den aktuellen Bedarf berücksichtigen, sondern auch zukünftige Investitionen im Auge behalten.

Achten Sie auf die relevanten Nutzertypen

Während der neue Lizenzierungsansatz zwar den Prozess vereinfachen soll, hat diese Vereinfachung ihren Preis: Im neuen Lizenzierungsmodell entfernte man die günstige User Lizenzen, oder auch Sonderuser, die die Lizenzierungskosten moderat gehalten haben.

Häufig genutzte SAP Named User wie „Limited Professional“, „Worker User“ und andere besondere Nutzerlizenzen erhielten mit dem neuen Modell bisweilen keinen adäquaten Ersatz.

Die neuen Nutzertypen für SAP Named-User-Lizenzen unterscheiden nur noch 6 Anwendungsszenarien

Quelle: USU
Abb.: Die neuen Nutzertypen für SAP Named-User-Lizenzen unterscheiden nur noch 6 Anwendungsszenarien. Die drei wichtigsten sind hier abgebildet.

Bei der Entscheidung, ob man auf Product Conversion oder Contract Conversion bei der Lizenzierung von SAP S/4HANA setzt, spielen die eingesetzten Nutzertypen eine wichtige Rolle, denn die alten Typen und deren flexiblen Möglichkeiten gibt es bei S/4HANA nicht mehr.

Beachten Sie folgende 6 Tipps, bevor Sie mit SAP in die Vertragsverhandlungen einsteigen:

  1. Führen Sie als erstes eine Bestandsaufnahme aller vorhandenen Lizenzen (inklusive der Shelfware und Sondervereinbarungen) durch.
  2. Finden Sie heraus, welche User-Lizenzen Sie für einen S/4HANA-Vertrag benötigen. Die SAP Use Types sind völlig neu definiert – für manche Kunden zum Vorteil, deutlich häufiger jedoch zum Nachteil.
  3. Ob nun Product Conversion oder Contract Conversion die richtige Variante für Sie ist: SAP will S/4HANA zur Erfolgsgeschichte machen, daher können Sie aktuell hohe Rabatte verhandeln - unbedingt sollten Sie sich diese auch für Folgekäufe zusichern lassen.
  4. Regeln Sie im neuen Vertrag, was in der Vergangenheit vielleicht zu Problemen führte: SKU-Nummern müssen in die Verträge aufgenommen werden, Metriken müssen genau und eindeutig beschrieben werden, ebenso wie deren technischen Vermessung, etc.
  5. Lassen Sie sich ein umfangreiches und langfristiges Konfigurationsrecht einräumen. Sonst hat man am Ende wieder viele Produkte im Vertrag, für die Wartung gezahlt werden muss, die aber nicht – oder nur in geringerem Umfang – benötigt werden.
  6. Regeln Sie im Vertrag, was mit ECC-Produkten passieren soll, für die es noch kein S/4-Nachfolgeprodukt gibt, denn nicht jede R/3-Anwendung hat ein S/4HANA-Äquivalent. Das könnte dann zu einem großen Problem werden, wenn z.B. Anwendungen geschäftskritisch sind.

Fazit

Bei der Planung und Umsetzung Ihrer S/4HANA Migration müssen Sie ganz klar evaluieren, welches Lizenzmodell besser zu den Bedürfnissen Ihres Unternehmens passt, bzw. wirtschaftlicher ist. Dies hängt einerseits vom Preis, aber auch von der zukünftigen Vertragsgrundlage ab.

Mit einer professionellen SAP-Lizenzmanagement-Lösung lassen sich die finanziellen Auswirkungen von Contract Conversion oder Product Conversion ohne größeren zeitlichen Aufwand simulieren und kalkulieren. Somit kennen Sie die Kosten für beide Varianten und können die für Sie günstigste Option wählen.


S/4HANA-Migration: Navigieren durch das SAP®-Multiversum

 

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Weitere nützliche Links:

Gartner: Reduce Unexpected Licensing Costs with SAP SaaS
SAP Transformation Navigator: Relevante S/4-Produkte zur Abbildung Ihrer Prozesse identifizieren
SAP Indirect Access vs. Digital Access: Grundlagen von Contract Conversion richtig verstehen

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