Eine Herkulesaufgabe steht an: Es geht um den optimalen Einsatz verschiedener IT-Welten. Es geht um das parallele Managen von Cloud-Infrastrukturen und traditioneller Rechenzentrums-Landschaften. Durch den stark steigenden Cloud-Anteil ergeben sich dabei ganz neue Herausforderungen in Bezug auf Compliance, Kostenkontrolle oder Transparenz. Nach Prognosen von Gartner-Analysten wird sich das Verhältnis „on premises“ zu Cloud-Services in den nächsten 5 Jahren dramatisch ändern. Daher ist es Zeit, sich über eine Lösung Gedanken zu machen, beide Welten bestmöglich und zukunftssicher zu koppeln. Hybrid Cloud Computing macht das möglich. Unser Überblick zeigt Möglichkeiten und Herausforderungen dieser neuen Technologie.
Hybrid Cloud Computing – was ist das?
Der Aufbau, die Implementierung und die Ausreifung von Cloud-Strategien werden auch in den kommenden Jahren auf der Agenda von CIOs ganz oben stehen. Gartner rät, sich dabei auf den Aufbau einer flexiblen Infrastruktur zu konzentrieren. Wenn man wie Gartner davon ausgeht, dass der Anteil von „On premises“ betriebenen Enterprise-Systemen zwar kontinuierlich von heute 80% auf 30% im Jahr 2025 zurückgeht, aber nicht komplett ersetzt wird, ist dabei vor allem das Konzept der Hybrid Cloud Erfolg versprechend. Hybrid Cloud Computing stellt nicht nur eine Brücke zwischen dem traditionellen Rechenzentrum und diversen Cloud-Diensten (Public Cloud) dar – sie vereint beide Welten bestmöglich. Das Ziel-Szenario einer Hybrid Cloud ist eine integrierte, skalierbare und sichere Plattform für das nahtlose Bereitstellen und die Nutzung von Geschäftsanwendungen oder anderen Technologie-Services, die aus internen oder externen Quellen stammen können. Denn Anwender und Kunden verlassen sich heute auf agile und automatisierte Services, darunter viele cloudbasierte und Self-Service-orientierte Leistungen.
Die Vorteile liegen auf der Hand, vor allem:
- eine hohe Flexibilität und günstige Kostenmodelle der Public-Cloud
- ein hoher Grad an Sicherheit und Datenschutz im eigenen Rechenzentrum
- das kurzfristige Buchen zusätzlicher Rechen- und Speicherkapazität
Doch einige dieser Vorteile bleiben aufgrund eines mangelnden Überblicks über die eingesetzten Ressourcen auf der Strecke. Sollte bereits die Infrastruktur im eigenen RZ einem sorgfältigen Management unterliegen, wird diese Notwendigkeit umso dringlicher, sobald zusätzlich verschiedene Cloud-Infrastrukturen im Unternehmen zusammenkommen. Bei der Umsetzung einer Hybrid Cloud sind kaufmännische, technische und sicherheitsrelevante Herausforderungen zu meistern.
Hybrid Cloud Management – die vier Herausforderungen für die IT
Betrachten wir zuerst die Kosten. In diesem Jahr werden nach Einschätzungen von Gartner 80% der Organisationen ihre Cloud-IaaS-Budgets aufgrund fehlender Kostenoptimierungs-Ansätze überziehen. Bei Unternehmen ohne einen Plan für das Cloud-Kostenmanagement können sich die Mehrausgaben sogar auf 70% oder mehr summieren.
Die Gründe für die Kostenexplosion sind vielfältig. Meist führt die Flexibilität der Cloud-Nutzung zu einem Overkill bei der Nutzung. Denn viele Nutzer geben cloudbasierte Rechnerkapazität, Speicherplatz oder Lizenzen nicht mehr zurück, wenn sie sie nicht mehr benötigen. Dazu kommt die verschiedensten Preismodelle der Cloud-Infrastruktur-Anbieter, in denen die Abrechnungsdetails je nach Anbieter dramatisch variieren. Wer beispielsweise Rabattprogramme oder sogenannte Reserved Instances von Cloud-Herstellern nutzt, kann viel Geld sparen.
Die IT benötigt Tools zur Kostentransparenz und Kontrolle und muss damit Fragen beantworten wie z.B.:
- Gibt es ein praxiserprobtes Modell für eine verursachergerechte Kostenverrechnung, auch für die Cloud-Services?
- Wie lassen sich zahlreichen Cloud-Service-Angebote wirtschaftlich optimieren?
- Welche Cloud-Ressourcen, ob Hardware oder Software, werden zwar voll bezahlt, liegen aber brach oder werden nur teilweise genutzt?
- Wie lassen sich Cloud-Infrastrukturkosten auf Services oder Projekte verteilen und Service-Stückkosten einfach ermitteln und planen?
- Ist auf Knopfdruck ein Soll/Ist-Vergleich von Plankosten und tatsächlichen Kosten möglich?
Voraussetzung für die Kostentransparenz ist die Transparenz über die komplette IT-Landschaft und -Struktur. IT-Abteilungen kennen heute oft nur Teile der Infrastruktur, die Fachbereiche selbständig bei den Cloud-Anbietern bestellt haben. Nur über volle Kenntnis der IT-Infrastruktur ist eine effektive Ressourcen-Steuerung möglich. Zu beachten sind Aspekte wie z.B.:
- zentrale Erfassung und Darstellungsmöglichkeit der Cloud-Komponenten als auch der IT-Komponenten im eigenen Rechenzentrum und deren Beziehungen und Abhängigkeiten untereinander
- Management sämtlicher Cloud-Infrastrukturen und Cloud-Software über ihren kompletten Lebenszyklus: Von der Anforderung über die Genehmigung, die Instanziierung bis hin zur Abschaltung der Cloud-Instanzen.
- Monitoring der tatsächlichen Nutzung der Cloud Infrastrukturen, um nicht genutzte Kapazitäten zu identifizieren und abschalten zu können.
Eine dritte zentrale Herausforderung ist das Sicherstellen von Guidance und Compliance. Kennen denn Fachabteilungen die Cloud-Policy ihres Unternehmens, die genehmigten Cloud-Anbieter und die Länder, in denen die IT-Infrastruktur ihres Unternehmens gehostet werden darf? Und hat die zentrale IT-Abteilung, Kenntnis darüber, wo Applikationen und Daten liegen und wer Zugriff darauf hat? Oft fehlt zudem der Prozess, der sicherstellt, dass Ex-Mitarbeiter nicht mehr auf Firmendaten in der Cloud zugreifen können.
Voraussetzungen für Compliance-Konformität sind z.B.
- Vollumfängliche Transparenz über angeforderte und im Einsatz befindliche Cloud-Infrastruktur-Komponenten
- Reporting über die Erfüllung von Vorgaben der unternehmensindividuellen Cloud-Policy
- Abgleich zwischen lizensierter und tatsächlich installierter Software
- Anzeige von Abweichungen bei Unter- bzw. Überlizenzierungen oder unerlaubten Installationen
Last but not least ist die Effektivität in der Organisation ein wichtiger Erfolgsfaktor für ein funktionierendes Hybrid Cloud Management. IT-Abteilungen brauchen das nötige Know-how für das Management von hybriden-Umgebungen, um zahlreiche Services unterschiedlicher Herkunft und Beschaffenheit in ein einheitliches Bereitstellungs- und Überwachungskonzept zu integrieren. Zu oft werden inzwischen doppelte Betriebsstrukturen für das Management von Cloud und Rechenzentrums-Infrastrukturen hochgezogen. Für die notwendige Effizienz gilt es, Organisationsstrukturen anzupassen und das Cloud Management in das bisherige IT Service Management zu integrieren. Insbesondere müssen die internen IT-Abteilungen in Sachen Hybrid-Cloud ihre eigene Expertise aufbauen und Tools einsetzen, die beide Welten parallel managen können. Gartner geht davon aus, dass Unternehmen in 2022 etwa 60 Prozent ihrer Infrastruktur bei Cloud-Anbietern betreiben lassen.