Im Wirtschaftsteil der Stuttgarter Nachrichten vom 27. April 2021 standen zwei Beiträge, die mit ihren Überschriften ein Schlaglicht auf die aktuelle Situation in der Finanzbranche werfen: „Die BW-Bank schließt Dutzende Filialen“ und „Geschäfte bei GFT laufen wieder besser“. Im Inhalt heißt es, dass die BW-Bank ihre Kundenberatung per Telefon, Chat und Video massiv ausbauen möchte – und der auf Bankensoftware spezialisierte Technologie-Anbieter GFT sieht eine höhere Nachfrage nach Digitalisierungslösungen. Beide Nachrichten zielen in die gleiche Richtung, denn das klassische Geschäftsmodell der Banken wird disruptiv ersetzt durch das neue digitale Banking-as-a-Service, das sich an den veränderten Bedürfnissen der Kunden orientiert.
Der Trust-Faktor – Vertrauen im Wandel
Laut einer aktuellen Umfrage von EY „Digital Banking 2020, für die Ende 2020 über 1.600 Verbraucher befragt wurden, ist das Vertrauen in Bankberater vor Ort nach wie vor am stärksten ausgeprägt: Drei von vier Befragten geben an, „eher“ oder „sehr starkes“ Vertrauen in diese zu haben. Deutlich weniger stark ist das Vertrauen in Onlinebanken ausgebildet: Hier geben nur 57 Prozent der Befragten an, insgesamt Vertrauen zu haben. Und nur geringes Vertrauen allerdings besteht bislang in FinTechs: Weniger als jeder fünfte Befragte bringt ihnen aktuell eher oder sehr starkes Vertrauen entgegen. Dennoch: die FinTechs holen in Sachen Reputations-Management über alle Services mächtig auf, wie eine ebenfalls aktuelle Studie von London Research in Zusammenarbeit mit der unabhängigen Bewertungsplattform Trustpilot ergab: Mehr als 40 Prozent der befragten FinTech-Unternehmen gelten als „äußerst zuverlässig“. FinTechs punkten hierbei vor allem mit dem Social-Proof-Faktor. Sie überzeugen in ihren Produkten und Services mit Maßnahmen wie Bewertungen, Bestsellerstatus oder (Weiter-) Empfehlungen. Transparente Preisangaben helfen Verbrauchern bei der Kaufentscheidung und ermöglichen es Unternehmen, ihre Kunden auf ihrer individuellen Customer Journey zu begleiten. Traditionell agierende Brancheninstitute stellen nach wie vor ihr Produkt in den Mittelpunkt – und schenken dem Menschen nicht mehr genügend Aufmerksamkeit. FinTechs setzen den Fokus auf Kundenzentriertheit und Transparenz, ein unumkehrbarer Trend.
Banking 4.X – die neue Ära des kundenzentrierten Bankwesens
Der gerade veröffentlichte World Retail Banking Report 2021 von Capgemini und Efma legt den Finger in die Wunde: 81 Prozent der Bankkunden weltweit sind bereit, ihrer traditionellen Hausbank den Rücken zu kehren, wenn New-Age-Anbieter einen einfacheren Zugang und flexible Banking-Services bereitstellen. Rund 72 Prozent erwarten ein kanalübergreifendes Bankerlebnis – also durchgängig digitalisierte Angebote on demand, personalisierte maßgeschneiderte Services – und das überall und zu jeder Zeit. Und die Zeit drängt, zumal die Auswirkungen von Covid-19 die Disruption in der Finanzbranche beschleunigen. Viele der Unternehmen sind darauf nach wie vor schlecht vorbereitet – 61 Prozent verfügen noch nicht über eine spezielle Customer-Experience-Taskforce, welche Ideen, Konzepte und technische Umsetzung koordiniert, steuert und damit eine konsistente und sichere Omni-Channel-Erfahrung über alle Kunden-Touchpoints sicherstellt.
BaaS – mit Ökosystem und datengetriebenen Services den Erfolg sichern
Ein zentraler Schlüssel zum Herz des Kunden sind strategische Partnerschaften zwischen Banken und Nicht-Banken. Es gilt, über ein Ökosystem Synergieeffekte zu nutzen, um neue kreative Angebote anzubieten, die den sozialen, ökonomischen Kontext des Kunden und seine Persönlichkeit widerspiegeln. Aus der Perspektive der Verbraucher sorgen Banking-as-a-Service-Plattformen dafür, dass sich Finanzfunktionen immer besser in die spezifische Lebenssituation integrieren. Denn sie bringen Produzenten von Finanzprodukten und Kunden zusammen. Das erlaubt es Konsumenten heute, am digitalen Point of Sale sehr einfach Kredite in Anspruch zu nehmen, per Knopfdruck in Fonds zu investieren, die über Robo-Advisor empfohlen werden oder Geld direkt zu transferieren bzw. Dienstleistungen wie Transporte oder Stromlieferungen automatisch mit Zahlungsfunktionen zu koppeln. Entscheidend hierfür ist eine technische Infrastruktur, die über API-Schnittstellen auch für Partner offen ist und die Bereitschaft der Kunden, ihre Daten gegen ein verbessertes Kundenerlebnis zu tauschen. Mehr als 86 Prozent der Konsumenten weltweit sind bereit, ihre Daten zu teilen, um ein personalisiertes Erlebnis zu erhalten. Um diese Ökosystemdaten im Sinne einer Win-Win-Situation zu nutzen, sind nun die Banken am Zug.