Im Rahmen des Forschungsprojekts FabOS hat USU einen KI-basierten Wizard entwickelt. Dieser erlaubt Maschinenbau-Experten, IT-Administratoren oder Service-Teams, selbstständig hochwertige Data Driven Services zu erstellen und in Betrieb zu nehmen. Datengetriebene Organisationen können so dem Fachkräftemangel begegnen, weil für die Anwendung, Anpassung und den Betrieb von KI-basierten Services keine Data Scientisten mehr benötigt werden.
Laut Handelsblatt beklagen Personalverantwortliche im Maschinen- und Anlagenbau in 81 % der Fälle einen Mangel an Akademikern und in 90 % der Fälle einen Fachkräftemangel. Dieses Phänomen zieht sich durch alle Branchen. Besonders Fachkräfte aus dem MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) fehlen derzeit. Bis 2030 könnte sich die Zahl der fehlenden Facharbeiter, Techniker, Forscher und medizinischen Fachkräfte auf bis zu 3,0 Millionen belaufen und bis 2040 gar auf 3,3 Millionen, geht aus einer Studie des Basler Forschungsinstitut Prognos hervor. Durch den technologischen Wandel, vorangetrieben durch die Digitalisierung und die Mobilitätswende entstehen zwar attraktive Arbeitsplätze, aber mit veränderten Anforderungen. Zusätzlich gehen aufgrund des demografischen Wandels mehr Beschäftigte in Rente als Auszubildende hinzukommen.
Ein Mittel, um die Auswirkungen des Fachkräftemangels auf die Konkurrenz- und Handlungsfähigkeit von Unternehmen gering zu halten, ist die Unterstützung der Fachkräfte durch KI bei Routinetätigkeiten, z.B. durch die automatisierte Überwachung von Produktionsprozessen oder IT-Anlagen und das Vermeiden von Fehlalarmen oder die Vorhersage von Wartungsarbeiten. Dazu werden Daten der Anlagen aufgezeichnet und mit diesen wiederum KI-Modelle trainiert, woraus dann die sogenannten Data Driven Services entstehen.
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Wie bereits erwähnt können KI-Module besonders gut sich wiederholende Tätigkeiten erlernen und automatisiert erledigen oder Fachkräfte bei Ihrer Arbeit unterstützen. Data Driven Services können z.B. Servicemeldungen anhand der Inhalte dem passenden Sachbearbeiter zuordnen, lernen, wann Grenzwertüberschreitungen bei IT-Anlagen zulässig sind oder warum ein Zustand dennoch als kritisch zu bewerten ist, obwohl die Anlage innerhalb als normal definierter Parameter läuft. AI-Komponenten von USU integrieren sich daher so in vorhandene Lösungen, dass der Endanwender nicht oder nur steuernd in den Algorithmus eingreifen muss. Ein tiefes Verständnis für die zugrundeliegende KI wird nicht benötigt.
Anders gestaltet es sich, wenn datengetriebene Unternehmen ein ganzes Portfolio von Data Driven Services haben, die Fachkräften für ihre vielfältigen Aufgaben zur Verfügung stehen und je nach Bedarf flexibel ausgewählt werden sollen. So müssen z.B. die für einen bestimmten Maschinentyp und die zu erledigende Aufgabe passenden Services ausgewählt und angepasst werden. Dazu müssen u.a. relevante Datenquellen identifiziert und Daten vorverarbeitet werden. Im zweiten Schritt ist es nötig, für eine konkrete Maschine oder Anlage auch die Parameter des Algorithmus zu optimieren.
All dies erfordert fundierte Kenntnisse im Umgang mit Data Driven Services, die Servicemitarbeiter in der Regel nicht haben. Es braucht dazu Data Scientisten, die am Arbeitsmarkt aber auch nicht leicht zu finden sind.
Bringt uns damit KI also von einem Fachkräftemangel in einen anderen? Zum einen lässt sich der oben skizzierten Weg gehen und durch Anbieter wie die USU zielgerichtet KI in Lösungen integrieren, so dass kein Data Science Know-how beim Endanwender erforderlich ist. Muss KI jedoch situativ und flexibel eingesetzt werden können, dann brauchen Fachanwender Unterstützung. Ist dies aufgrund der Knappheit von Data Scientisten nicht durch menschliche Berater möglich, braucht es die passenden Werkzeuge dafür.
Solch eine Lösung wird durch die USU u.a. im Forschungsprojekt FabOS entwickelt. Der Data ScienceWizard bringt die KI quasi zu ihren Daten. Ziel des Wizards ist es, dass Fachkräfte auch ohne eine Data Science Abteilung ihre Daten gewinnbringend nutzen können. Der Wizard ist so konzipiert, dass er Domänenexperten, sprich Maschinenbauern, IT-Administratoren oder Servicemitarbeiter erlaubt selbstständig hochwertige Data Driven Services zu erstellen und diese im Anschluss direkt in Betrieb zu nehmen. Ein Beispiel, wie das gehen kann, liefert ebenfalls das Projekt FabOS.
Über das FabOS-Betriebssystem (aber auch jede andere Plattform, die Services und Datenquellen verwaltet) können Anwender ihre Maschinen anbinden und Daten integrieren. Der Wizard bietet eine graphische Benutzeroberfläche, über die der Anwender zunächst die betreffende Maschine und den gewünschten Data Driven Service auswählt. Die Data Driven Services sind in der Benutzeroberfläche inhaltlich so beschrieben, dass die Fachkraft versteht, was der Service beinhaltet und damit die Auswahl erleichtert wird. Nun werden alle relevanten Datensätze vorgeschlagen. Der Anwender ist Fachexperte für seine Maschine und weiß daher selbst, welche Sensordaten nötig sind, um den Zustand der Maschine für den jeweiligen Anwendungsfall zu überwachen und wählt diese entsprechend aus. Zudem kann die Länge der Historie angepasst werden, um charakteristische Veränderungen im Datensatz auszuschließen. Diese können beispielsweise durch veränderte Umgebungsbedingungen oder Änderungen in der Produktion verursacht worden sein. Dies ist ein entscheidender Schritt in der Datenbereinigung, um danach mit relevanten Daten zu arbeiten. Nach Auswahl der Daten erfolgt ein weiteres automatisiertes Preprocessing. Dabei werden Vorschriften, die sich durch die Datenintegration über FabOS ergeben können, angewendet.
Über Meta-Learning werden die vorliegenden Daten analysiert und die Algorithmen vorausgewählt, die für ähnliche Datensätze vielversprechende Ergebnisse geliefert haben. So ist das eigentliche AutoML mit der Pipeline Struktursuche sehr effizient und kann bereits nach wenigen Iterationen über verschiedene Algorithmen das bestmögliche Modell mit den idealen Hyperparametern ermitteln (vgl.: Zöller, Marc-André, Tien-Dung Nguyen, and Marco F. Huber. "Incremental Search Space Construction for Machine Learning Pipeline Synthesis." arXiv preprint arXiv:2101.10951, 2021). Bei Interesse können alle in AutoML durchgeführten Schritte über das von USU neu entwickelte Tool XAutoML nachvollzogen werden. Zusätzliche Transparenz zur Logik des Modells liefert ein automatisch generierter Entscheidungsbaum, der das Gesamtmodell beschreibt. Hinzu kommt die Möglichkeit, sich Vorhersagen für einzelne Datenpunkte erklären zu lassen. Durch diese Maßnahmen wird die menschliche Akzeptanz des Data Driven Service gesteigert und ein grobes Fehlverhalten des Algorithmus ausgeschlossen.
Der Anwender kann nun wählen, ob er das Modell mit der besten Metrik akzeptiert oder sich für ein anderes entscheiden möchte. Um die Zeit zum Go-live des Data Driven Service zu verringern bietet der Wizard weitere Assistenzfunktionen an und unterstützt den Anwender so beim Deployment. Dabei kann der Anwender in FabOS z.B. zwischen einem Deployment in der Cloud und on Edge wählen. In das deployte Modell laufen schließlich die Live-Daten der Maschine ein. Die Vorhersagen werden auf einem Dashboard visualisiert. Hier stehen dem Anwender ebenfalls Erklärungen für die Vorhersagen bereit. Überwacht wird der Service von einem KI-Supervisor, der unter Last zusätzliche Ressourcen bereitstellen kann. Außerdem schlägt der KI-Supervisor Alarm, wenn die Vorhersagegüte sinkt. Ursache hierfür können sehr oft Änderungen in den Umgebungsbedingungen oder eine veränderte Produktionssteuerung sein. In diesem Fall ist es nötig, das Modell neu zu trainieren, wobei der Wizard wiederum unterstützen kann.
So lässt sich durch den Wizard nicht nur die initiale Anpassung und Inbetriebnahme des Data Driven Service erleichtern, sondern auch ein Lifecycle Management durch Endanwender erreichen. Datengetriebene Organisationen können so dem Fachkräftemangel begegnen, weil für die Anwendung, Anpassung und den Betrieb von KI-basierten Services keine Data Scientisten mehr benötigt werden.
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