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Digital Workplace – den Arbeitsplatz von morgen gestalten

Geschrieben von Dr. Benjamin Strehl | Apr 8, 2021 10:00:20 AM

Die Arbeitswelt verändert sich mit einer enormen Dynamik. Automatisierung, Künstliche Intelligenz – und nicht zuletzt COVID-19 – beeinflussen jede Unternehmensebene und deren Mitarbeiter. Eines der Schlüssel-Elemente für diese digitale Transformation ist das Thema Digital Workplace. Denn die Zukunft der Arbeit ist zwar nach wie vor sozial, kollaborativ und informell – aber zunehmend vernetzt, mobil sowie unabhängig von Zeit und Ort. Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen und Mitarbeiter hierbei, und welche Erfolgsfaktoren gilt es bei der Umsetzung zu berücksichtigen? Dazu habe ich im Rahmen meiner Xpert-Talk-Reihe zwei ausgewiesene Experten befragt – Benjamin Ferreau und Christian Malzacher.

In seiner aktuellen Rolle als Co-Founder und Lead der Digitalberatungs-Unit plenum.unik der plenum AG unterstützt Benjamin Ferreau Kunden bei der kulturellen und organisatorischen Transformation sowie der Kreation von Innovationen und datengetriebenen Geschäftsmodellen. Christian Malzacher verantwortet als Business Manager das strategische Geschäftsfeld Modern Workplace bei der Bechtle AG.

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Benjamin S.: In den letzten 12 Monaten hat sich die Anzahl der Homeoffice-Arbeitsplätze vervielfacht. „Work from anywhere“ ist en vogue. Studien, zum Beispiel von Stanford, bescheinigen den „Outside-Workern“ eine deutlich höhere Produktivität während Faktoren wie Stress oder Kosten sinken. Firmen wie Dropbox und andere setzen das digitale Arbeitsplatzkonzept konsequent um – auch nach dem Ende der COVID-19-Krise. Ist der Digital Workplace also der Blueprint für uns alle? Welche Chancen gibt es, welche Fallstricke lauern? Und wie nimmt man die Mitarbeitenden mit?

Christian M.: In der Tat beleuchten viele Studien das Thema Produktivität und kommen zu sehr positiven Ergebnissen. Allerdings ist es nicht der heilige Kral, die komplette Belegschaft ins Homeoffice zu schicken. Es gibt im Berufsalltag nichts Individuelleres als den Arbeitsplatz – und genauso individuell und flexibel müssen Unternehmen auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden und jeweiligen Teams eingehen, damit die Zufriedenheit und der Wohlfühlfaktor stimmt – nur dann ist auch produktives Arbeiten möglich.

Benjamin F.: Der digitale Arbeitsplatz muss es uns ermöglichen, an jedem Ort der Welt als Individuum kreativ zu arbeiten. Dabei gibt es keine Schwarz-Weiß-Malerei zwischen Büro, Homeoffice oder vor Ort beim Kunden – wichtig ist das individuelle „blended Environment“. Und damit spielt die Kultur eine wichtige Rolle – derzeit erleben wir in der Pandemie ein Auf und Ab: mal wird Homeoffice verordnet, mal werden Mitarbeiter wieder ins Büro geholt. Das schürt Unsicherheit. Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, durch eine klare Kommunikation die Mitarbeitenden für eine Lösung zu begeistern, damit diese ihre Stärken optimal ausspielen können.

Christian M.: Du sprichst einen entscheidenden Aspekt an: Leadership. Die Führungskräfte müssen den Wandel nicht nur begleiten, sondern aktiv entwickeln und gestalten. Heute arbeiten in gemischten Teams Leute aus mehreren Ländern und bis zu 5 Generationen an einer Aufgabe. Es gibt unterschiedliche Arbeitszeitmodelle und -bedürfnisse – diese Diversität muss die Verantwortlichen berücksichtigen. Das benötigt ein klares Zielbild. Technologie ist nur das Werkzeug. Was zählt, ist ein möglichst ganzheitliches Modern-Workplace-Konzept, verankert in die Unternehmensstrategie. Und dazu braucht es Leadership.

Benjamin F.: Auch wenn es schwer fällt – Unternehmen müssen bei diesem dynamischen Kulturwandel eingefahrene Prozesse und Strukturen aufbrechen. Vertrauen in die Mitarbeitenden ist dabei erfolgskritisch. Dieser „Trust-Faktor“ muss gerade in der aktuellen „kontaktarmen“ Krisenzeit gepflegt werden. Transparenz, Empathie, Verständnis, aber auch Verständlichkeit und klare Regeln ergeben eine Gemengelage, die eine vertrauens- und am gemeinsamen Ziel orientierte aktive Kommunikation erlaubt, Motivation und Akzeptanz schafft und Stolpersteine wie Hidden Agendas oder ein mangelhaftes Einbeziehen von Beteiligten und Betroffenen vermeiden hilft. Es ist der emotionale Treiber für den Erfolg.

Benjamin S.: Anfang der 1990er Jahre gab es mal ein Statement von einem Kolumnisten des Wall Street Journals: „Die Zukunft macht eine Pause – und dann einen Sprung“. Diese Sprünge im digitalen Arbeiten sind oft ungeplant, sie sind häufig von externen Faktoren veranlasst. Umso wichtiger ist es, das Unternehmen vorbereitet sind und sich permanent mit Zielszenarien und Innovationen beschäftigen. Das führt mich zur digitalen Technik als weiteren entscheidenden Aspekt. Welche Rolle spielen Technologien für die Zukunft der Arbeit. Wie kann z.B. Künstliche Intelligenz unterstützen?

Benjamin F.: Das ist oft eine Sache der Einstellung. Wir müssen die Technologie endlich so verstehen, dass sie uns besser macht, und dürfen sie nicht als Feind betrachten. Künstliche Intelligenz richtet sich nicht per se gegen den Menschen, Robotergesteuerte Automation hilft im Alltag und unterstützt bei Routinetätigkeiten. KI-gestützte Lösungen können vieles nicht besser, aber schneller als wir. So können wir uns auf unsere Kernkompetenz, auf unsere Kreativität konzentrieren. Der vorbehaltslose und intelligente Einsatz dieser Technologien ist ein zentraler Baustein dieses Zukunftssprunges.

Benjamin S.: Die aber das Verständnis braucht, wie sie bestmöglich eingesetzt werden kann …

Christian M.: Ja, absolut. Führungskräfte und ihre Teams müssen nachvollziehbare Use Cases entwickeln, um den Nutzen zu erkennen, den der Einsatz von Tools konkret bringt. Damit fällt oder steigt die Akzeptanz – und der Erfolg. Betrachten wir zum Beispiel Unified Communications. Inzwischen sind UC und Collaborations zusammengewachsen und erste Plattformen entstanden, die „as a service“ rasch zur Verfügung stehen. Die Entwicklung steht noch am Anfang, vor allem das Thema Kommunikation muss noch weiterentwickelt werden. Aber die Vorteile liegen auf der Hand. Künftig wird also auch die ganze Kommunikation, z.B. Social Media, über eine Plattform konsolidiert werden und diese im Rahmen einer ganzheitlichen IT-Strategie sicher und zukunftsfähig betrieben werden.
Entscheidend bei diesen Transfer-Prozessen ist es, dass man sich Gedanken macht und Nutzungs- bzw. Nutzenszenarien erarbeitet. Die Daten sind vorhanden – aber wie nutzt man diese effizienter, Ressourcen-unabhängiger? Im Falle von UC unterstützen KI-Technologien heute z.B. bei der Spracherkennung, morgen z.B. bei der Transkription bzw. Übersetzung von Telefongesprächen in Echtzeit.

Benjamin F.: Das Thema Use Cases möchte ich noch durch zwei Aspekte ergänzen: Innovationsträchtige Use Cases brauchen Zeit. Das geht nicht nebenher. Man muss sich intensiv auseinandersetzen und immer kritisch hinterfragen. Dabei ist auch die Perspektive des Kunden wichtig. Generell benötigen Unternehmen für einen guten Use Case die Unterstützung von Experten aus vielen Bereichen – den IT-Spezialisten, den Fachanwender, den Data Scientisten, den Strategen und den operativen Praktiker.

Benjamin S.: Inwieweit sind Themen wie Datenschutz und IT Security Stolpersteine bei der Realisierung eines Digital Workplace?

Benjamin F.: Wichtig ist, dass sich Firmen dadurch nicht komplett ausbremsen lassen. In der Praxis hat es sich bewährt, diese Themen nicht zuerst anzugehen, sondern parallel zu den technischen und kulturellen Prozessen umzusetzen.

Christian M.: Diese Themen sind zentral für die Digital-Workplace-Agenda. Der Datenschutz ist vorgegeben und kann auch durch das aktive Miteinbeziehen des Betriebsrates zielführend abgebildet werden. Noch drängender, ja existenziell, ist die Notwendigkeit, von überall sicher zu arbeiten. In der Vergangenheit hat man beim Thema IT-Security in erster Linie sichergestellt, dass das Unternehmen oder ein Unternehmensbereich geschützt wird. Jetzt steht der Schutz der Identität des Mitarbeiters im Fokus.

Benjamin S.: Unternehmen wie Dropbox oder Twitter haben sich in den letzten Monaten zu radikalen Schritten entschlossen, haben die Mietverträge für Büros gekündigt und möchten die Entwicklung hin zum Mobile Office nicht mehr rückgängig machen. Ist das nicht ein gefährlicher Schritt? Und in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob sich jedes Unternehmen Digitalisierung und die Flexibilisierung der Arbeitsplätze leisten kann. Oder ist z.B. der Mittelstand benachteiligt?

Benjamin F.: Ich denke, für die genannten Unternehmen passt das – ihre Geschäftsmodelle sind digital, da ist es sicherlich auch einfacher. Wichtig aber ist, dass sie konsequent agieren, es ankündigen und dann auch durchziehen. So kann sich jeder darauf einstellen. Diese Firmen sind sicherlich Vorreiter bei der digitalen Transformation. Aber früher oder später wird jedes Unternehmen sein Geschäftsmodell auf das Thema Digitalisierung ausrichten müssen.

Christian M.: Das sehe ich ähnlich. Es passt auch zu der jeweiligen Kultur der genannten Unternehmen. Und es ist ein starkes Signal an das gewünschte Mitarbeiterprofil. Jedes Unternehmen, das heute im Wettbewerbsumfeld punkten möchte, wird das zentrale Thema des digitalen Arbeitsplatzes im Sinne der Mitarbeiter lösen müssen – sie sind das Herzstück. Daher ist die Umsetzung aus meiner Sicht keine Frage der Unternehmensgröße, sondern eher der kreativen bedarfsgerechten Ideen.

Benjamin S.: Eine abschließende Frage: Wie ändert sich im Zuge der digitalen Transformation ggf. die Rolle der IT?

Benjamin F.: Die IT ist und bleibt der ideale Partner, um die Digitalisierung von Geschäftsprozessen voranzutreiben und damit am Ende des Tages auch die Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Das ist Chance und Risiko zugleich, denn die IT-Organisation muss sich in gleichem Maße transformieren, um nicht reaktiv, sondern aktiv und problemlösungsorientiert zu handeln. Sonst bilden sich dezentrale IT-Strukturen und die „Schatten-IT“ mit all ihren Problemen. Künftig liegt der Mehrwert der IT in ihrer Rolle als Business Transformer.

Christian M.: In der Tat ist die IT-Organisation konfrontiert mit einem dynamischen Wandel, auch verbunden mit dem zunehmenden Fachkräftemangel. Umso wichtiger ist es, dass Arbeitsschwerpunkte verlagert werden, die größtenteils noch von der IT geleistet werden – beispielsweise arbeitsintensive administrative Aufgaben an Managed Service-Provider. Denn die Kernaufgabe der IT ist es, das Business-Modell durch Innovationen und Technologien zu begleiten und weiterzuentwickeln. Die IT schafft sich also mit den neuen Themen nicht ab, sondern entwickelt sich zum strategischen Partner des Business weiter.

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